Zwei Ausbrüche in einem: Der Ausbruch des Ätnas von 2001
Heute erzählen wir euch vom erstem exzentrischen Ausbruch, der wissenschaftlich dokumentiert wurde. Bei einem exzentrischen Ausbruch gelangt die Magma nicht über den Hauptschlot nach oben, sondern sucht sich einen anderen Weg von der Magmakammer an die Oberfläche. Da sie dabei hartes Lavagestein von früheren Ausbrüchen durchbrechen muss, sind solche Ausbrüche sehr selten.
Der Ausbruch von 2001 war eine extrem vielschichtige Aktivität, die 24 Tage lang andauerte, 7 Brüche bildete und Magma mit zwei unterschiedlichen chemischen Zusammensetzungen an die Oberfläche brachte:
- Magma, das über den bestehenden Hauptschlot nach oben gelangte,
- Magma, das über einen anderen, neuen Weg emporgestiegen ist, und so mehr fremde Stoffe in sich aufgenommen hat.
Die Vorgeschichte
Das neue Jahrtausend startete am Ätna turbulent, mit 66 Eruptionen innerhalb von 7 Monaten. Nach einer kurzen ruhigeren Phase, begann 2001 ein neues Spektakel, und diesmal ein gewaltiges. Dies war zu erwarten gewesen, da die Aktivität der letzten Jahre bereits deutliche Anzeichen für eine zunehmende Magmazufuhr aus dem Erdmantel, vulkanische Erschütterungen und Erdbeben sowie eine Verformung des Vulkangebäudes (ähnlich wie bei einem großen Panettone, der aufgeht und schon Anzeichen zeigt, dass er bald zusammensackt) gezeigt hatte.
Nach einem temperamentvollen Jahr 2000 bzw. Anfang 2001, in dem sich die Explosionen hauptsächlich am Südostkrater konzentrierten, nahezu abwechselnd zwischen der Öffnung im Norden „Levantino“ und der Öffnung im Süden „Sudestino“, begann im Mai die Lavaemission wieder zuzunehmen.
Ablauf vom Ausbruch des Ätnas von 2001
Die Explosionen wurden immer häufiger bis zum 13. Juli, dem Tag, der den Beginn einer seismischen Aktivität markierte, bei welcher in nur 4 Tagen 2600 Erdstöße registriert wurden (aufgezeichnet durch die Überwachungssysteme des INGV von Catania, dem Nationalen Institut für Geophysik und Vulkanologie). Gleichzeitig bildeten sich in dem damals flachen Gebiet Piano del Lago auf der Südseite des Ätna mehrere Brüche: zwischen den Kratern Cisternazza und Montagnola war der Druck aus dem Untergrund so stark, dass er die Oberfläche auf über 2600 Metern Höhe verformen konnte.
Am 17. Juli öffneten sich drei Brüche, die offiziell den Beginn des eigentlichen Ausbruchs markieren. Sie öffneten sich nacheinander zuerst nördlich des Südostkraters, dann südlich in 2950 m Höhe und dann in etwa 2720 m Höhe in der Nähe des sogenannten „Belvedere“, eines Aussichtspunkts auf das Tal Valle del Bove, wobei letzterer einen Lavastrom verursachte, der sich bedrohlich den Skigebieten des Rifugio Sapienza näherte.
Am 18. Juli kommt auf 2100 m Höhe eine weitere Fraktur dazu, die vierte. Während sich die bisherigen Brüche oberhalb des Kraters Montagnola gebildet hatten, öffnet sich dieser ungefähr 500 Meter unterhalb, westlich der Calcarazzi Krater bzw. oberhalb des oberen Silvestri Kraters.
Die Lava, die aus diesem Riss austritt, bedroht unmittelbar die Infrastruktur des touristischen Zentrums Ätna Süd. Sie floss in Richtung des Restaurants La Capannina, das dank des Eingriffs des Zivilschutzes und der Feuerwehr und dank der günstigen Lage im Schutz des großen Kegels des oberen Silvestri Kraters gerettet werden konnte.
Während der Entstehung dieser Fraktur treten phreatomagmatische Explosionen und ein Erdbeben der Stärke 2,7 auf. Dank der sorgfältigen Arbeit von Geologen und Vulkanologen des INGV ist bekannt, dass das durch diesen vierten Bruch erzeugte Material viele Xenolithe enthält, d.h. Einschlüsse von Sedimentgesteinen und Amphibolmineralien, die auch Wassermoleküle enthalten. Diese sind in der Lava, die aus den anderen drei Brüchen kommt, nicht zu finden. Auf Grund dieser Zusammensetzung war erkennbar, dass es sich bei diesem Bruch um eine exzentrische Aktivität handelte.
Am 19. Juli öffnet sich ca. 500 Meter oberhalb von Montagnola eine fünfte Öffnung, wiederum im Gebiet Piano del Lago auf 2750 m Höhe. Es finden hauptsächlich phreatomagmatische Explosionen statt, die eine 200 bis 300 m hohe Säule aus Lapilli und Asche bilden, die der Wind bis in die Kilometer weit entfernten Städte trägt.
Die phreatomagmatischen Eruptionen entstehen durch das Zusammentreffen von Magma und Wasser. Diese Explosionen kennzeichnen diese fünfte Öffnung und auch den Lavafluss auf 2100 m Höhe (vierte Öffnung), aber nicht die ersten drei, die ebenfalls im Gebiet Piano del Lago, nur wenige hundert Meter entfernt, entstanden sind.
Am 20. Juli meldet sich überaschenderweise der Südostkrater mit einer leichten strombolianischen Aktivität wieder zu Wort. Auf seiner Nordseite bildet sich zudem eine Reihe von Rissen (der sechste Bruch), die dem Valle del Leone zustreben und einen Lavastrom hervorbringen, der in Richtung des Fußes von Pizzi Deneri und anschließend in Richtung Monte Simone verläuft. Alle anderen Öffnungen bleiben äußerst aktiv und produktiv.
Am 22. Juli nimmt die Aktivität der Öffnung in 2100 m Höhe an Intensität zu, die Lavafontänen erreichen eine Höhe von 100 bis 200 Meter. Der große Auswurf von Lava lässt den Lavafluss schnell auf einer Höhe von 1060 m ankommen, aber glücklicherweise verlangsamt er sich als er einen flachen Bereich erreicht. Der Lavastrom, der aus dem Bruch auf 2720 m Höhe stammt, zerstört hingegen einige Pylone der Seilbahn und erreicht 2070 m Höhe.
Am 23. Juli öffnet sich an der Südflanke des Südostkraters ein siebter Bruch, der eine Lavazunge von etwa anderthalb Kilometern Länge erzeugt.
Am 24. Juli verlangsamt sich der Vormarsch der meisten Lavaströme, aber die Öffnung in 2570 m Höhe, in der Nähe des Kraters Montagnola, ändert ihre Aktivität. Es beginnt eine strombolianische Aktivität, die ständig stärker wird und einen Schlackenkegel formt. Der Ausbruch bleibt auch in den folgenden Tagen dominierend, und während die anderen Ströme langsamer werden oder aufhören, zerstört dieser weitere Pylonen der Seilbahn und wird immer bedrohlicher. Er umfließt die Bergstation der Seilbahn, ohne jedoch Schaden zu verursachen, und erreicht die Talstation, die aber durch die zum Schutz der Seilbahn und des Rifugio Sapienza gebauten Dämme gerettet wird.
Diese spektakuläre Aktivität setzt sich in den folgenden Tagen fort, bis am 30. Juli ein neu entstandener Lavafluss die Bergstation der Seilbahn in Brand setzt. Glücklicherweise lassen von diesem Moment an die Lavaflüsse des neugeborenen Kegels Piano del Lago (heute: Laghetto-Krater oder auch Monte Escrivà) nach, auch dank der Bildung eines kleinen Stroms am Fuße des Kraters, der sich ins Tal Valle del Bove ergießt.
Am 1. August erzwingt die von dem großen neuen Kegel ausgestoßene Asche wieder einmal die Schließung des Flughafens von Catania. In 2100 m Höhe treten immer noch gefährliche phreatomagmatische Explosionen auf, aber glücklicherweise überlappt der Lavastrom, nachdem er seinen Verlauf verlangsamt hat, die in den vergangenen Tagen gebildeten Zungen. Die aus der Öffnung in 2720 m Höhe fließenden Ströme bewegen sich in Richtung Monte Nero degli Zappini.
Ab dem 3. August nimmt schließlich auch die Aktivität der letzten noch aktiven Ströme merklich ab, bis sie am 6. August vollständig aufhört. Nur die Öffnung in 2100 m Höhe bleibt bis zum 10. August aktiv, dem letzten Tag dieses Ausbruchs.
Das bei diesem gewaltigen Ausbruch ausgestoßene Lavavolumen beträgt 25 Millionen Kubikmeter (dense-rock equivalent; geschätzt von Behncke & Neri).
Bei unseren Touren auf der Südseite des Ätna (wie der Ätna Süd Tour) entdecken wir die Zeugnisse dieses vielschichtigen Ausbruchs bzw. dieser beiden enormen Ausbrüche: Wir essen im Krater Laghetto zu Mittag, besuchen den Bruch auf 2100 m Höhe und wandern auf dem damals entstandenen Lavastrom.