Er ist eine mächtige Erscheinung. Mit seinen rund 3347 Metern gilt er als höchster und aktivster Vulkan Europas. Er ist ständig aktiv, fast jährlich kommt es zu Ausbrüchen. Und dennoch ist er dicht besiedelt: Catania mit seinen über 300.000 Einwohnern liegt zu seinen Füßen, unzählige Ortschaften ziehen sich an seinen Hängen hinauf. Hunderttausende Besucher strömen jährlich auf seine Gipfel – viele von ihnen wünschen sich, die glühenden Lavaströme selbst erleben zu können.
Da stellt sich die Frage: wie sicher oder wie gefährlich ist der Ätna? Wie gut lassen sich die Gefahren einer solchen Naturgewalt abschätzen? Und ist es vielleicht genau diese Unberechenbarkeit, die die Menschen anzieht?
Eins vorweg: Ätna gilt zwar als aktivster, aber definitiv nicht als gefährlichster Vulkan Europas. Aber warum eigentlich und wie wird das bestimmt?
Die Gefährlichkeit des Ätna und seiner Aktivitäten
Vier Hauptkrater prägen seine Gestalt – kommt es zu einem Ausbruch, passiert das allerdings auch oft an seinen Hängen, wenn sich die Lava einen völlig neuen Ausgang sucht (laterale Eruption). Man bekommt hier das Gefühl, dass der Berg lebendig ist. Ständig ändert er seine Form und auch die Höhe schwankt in etwa zwischen 3.200 und 3.360 Metern. Die hohe seismische Aktivität in dieser Region entsteht dadurch, dass hier zwei Kontinentalplatten aufeinandertreffen, die sich tief unter der Erde aneinander reiben: die afrikanische und die eurasische Platte. Sizilien ist also nicht nur kulturell ein Schmelztiegel, sondern auch ganz wortwörtlich in seiner tiefsten Essenz.
Es zwei Hauptgründe, warum der Ätna trotz seiner überbordenden Aktivität zu einem relativ sicheren Vulkan zählt und deshalb für Touristen so beliebt ist. Der erste Grund: Ätna ist einer der am besten überwachten Vulkane der Welt. Er ist übersät von Messstationen, die jede geringste Aktivität registrieren. Im Nationalen Institut für Geophysik und Vulkanologie in Catania (INGV) sind rund um die Uhr zwei Vulkanologen anwesend die die Messergebnisse beobachten und bewerten.
Er ist zudem Teil des „Decade Volcano Program“, welches in den 1990ern gegründet wurde mit dem Ziel, die Gefahren von Vulkanausbrüchen besser einschätzen und sich darauf vorbereiten zu können. Dazu wurden 16 Vulkane weltweit ausgesucht:
- der Vesuv,
- Santorini in Griechenland,
- Teide auf Teneriffa,
- Colima in Mexiko,
- Galeras in Kolumbien,
- Merapi in Indonesien,
- Mount Rainier in den USA,
- Mauna Loa in Hawaii,
- Unzen und Sakurajima in Japan,
- Taal auf den Philippinen,
- Santa Maria in Guatemala,
- Ulawun auf Papua-Neuguinea,
- Nyiragongo im Kongo und
- Awatschinskaja Sopka bzw. Korjakskaja Sopka im Russland.
Der zweite Grund: Dadurch, dass der Ätna ständig aktiv ist, fast kontinuierlich Dampf ablässt, haben die einzelnen Ausbrüche weniger Kraft und sind etwas berechenbarer. Problematisch wird es eher, wenn eine längere Ausbruchspause eintritt.
Eine nicht zu unterschätzende Gefahr am Ätna: die Krater spucken teils riesige Gesteinsbrocken aus, die Lavabomben genannt werden. Das obige Bild zeigt Euch die Größenverhältnisse. Die erfahrenen Ätna-Guides raten daher: bei einem Vulkanausbruch nicht weglaufen, sondern stehen bleiben und nach oben sehen um den Lavabomben auszuweichen!
Der Vesuv – Gefahr nahe Neapel
Der Vesuv, als Kontrast, ist aus diesem Grund einer der gefährlichsten Vulkane der Welt. Er gilt als aktiver Vulkan, ist auch bestens überwacht, sein letzter Ausbruch liegt allerdings schon ca. 80 Jahre zurück. Es wird angenommen, dass sich der innere Druck stetig aufbaut und er jederzeit ausbrechen könnte, was angesichts der Millionenstadt Neapel zu seinen Füßen einer Katastrophe gleichkäme. Es existieren Evakuationspläne und man versucht mit Prämien, die Menschen aus den gefährlichsten Zonen zu einer Umsiedelung zu bewegen, aber trotz allem wird auch in diesen Regionen immer noch gebaut. Vulkane haben wohl eine besondere Anziehungskraft und der Boden ist fruchtbar wie kein anderes Land.
Zerstörung am Ätna
Auch am Ätna gab es schon Zerstörung. Bei der langgezogenen Ausbruchsreihe zwischen 1991 und 1993 (siehe auch Der Ausbruch von 1991-93) wurden Häuser bei Zafferana zerstört. Die Menschen versuchten damals, durch errichtete Schutzwälle die Lava aufzuhalten bzw. umzulenken, das gelang allerdings nur eine gewisse Zeit lang. Auch Sprengungen wurden zum Schutz eingesetzt.
Die Bewohner dieses Hauses in Zafferana Etnea hatten Glück: der Lavastrom von 1993 stoppte am Ortsrand direkt vor ihrer Haustüre.
Beim Ausbruch 1983 wurden ebenfalls mehrere Häuser bei Nicolosi zerstört. Immer wieder kam es zu Vernichtung von Obst- oder Nuss-Plantagen und auch die Schianlagen, die sich auf der oberen Hälfte des Berges befinden, verzeichneten immer wieder erhebliche Schäden an Seilbahnen, Schiliften, etc. Auch persönliche, teils auch tödliche, Unfälle traten immer wieder im Laufe der Zeit auf – wie es natürlich bei jeder etwas anspruchsvolleren Bergtour vorkommen kann.
Es gilt also trotz seiner relativ überschaubaren Gefahren ein Maß an Respekt zu bewahren. Die besonders eindrucksvollen Gipfelkrater sollten absolut ausschließlich mit einem Bergführer bestiegen werden. Teilweise treten dort dichte Schwefeldampfwolken aus, die die Sicht erschweren und Gefahr bergen, die Orientierung zu verlieren und in den Kraterschlund zu stürzen. Die zertifizierten Führer prüfen bei jeder Tour, welche Regionen sorgenfrei zu begehen sind. Je nach Aktivität gibt es auch offizielle Verordnungen, bis zu welcher Höhe der Ätna bestiegen werden darf, diese müssen unbedingt befolgt werden. Die meisten tragischen Vorfälle passieren aufgrund von Nicht-Einhaltung solcher Vorgaben.
Eine vollkommene Sicherheit gibt es allerdings nie, auch nicht für die Bewohner.
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